„Shared Space“ ist ein in mehreren EU-Pilotprojekten erfolgreich erprobtes Städtebau- und Verkehrskonzept, das von dem niederländischen Verkehrsplaner Hans Monderman begründet wurde und dessen Ideen inzwischen auf Europäischer Ebene durch das Shared-Space-Institut weiterentwickelt und koordiniert werden.
Das Konzept entstand aus der Einsicht, dass immer mehr strafbewehrte Verkehrsregeln, Verkehrsschilder, Ampelanlagen und bauliche Maßnahmen zur Trennung zwischen Fußgängern, Fahrradfahrern und Autos letztlich nicht immer zu mehr Verkehrssicherheit führen, sondern oft nur zu einem gefährlichen Schein von Sicherheit. Ampeln mögen an vielen Stellen sinnvoll sein, aber wenn dort mal etwas passiert, dann oft mit fatalen Folgen. Manche Maßnahmen scheinen sogar eher den Zweck zu haben, das Haftungsrisiko für die Verwaltung zu minimieren, als die Unfallzahlen zu senken. All dies verursacht aber immense Kosten und verschandelt unsere Innenstädte und Dörfer.
In einer Shared-Space-Zone gibt es außer dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme nach §1 der StVO nur noch das Rechts-vor-Links-Gebot, das Rechtsfahrgebot und die innerörtliche Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, sämtliche Verkehrszeichen und Ampelanlagen entfallen. Gleichzeitig wird durch bauliche Maßnahmen dafür gesorgt, dass die Autos langsamer fahren und Kinder nicht durch parkende Fahrzeuge verdeckt werden. Dazu gehören ein andersfarbiger Straßenbelag, Wegfall des Bordsteins zwischen Fußweg und Straße und eine schmalere Fahrspur zwischen den Straßenlaternen für die Autos. Der flächenhafte, nicht klar abgegrenzte Bereich der Fahrbahn signalisiert, dass sich hier alle Verkehrsteilnehmer den gemeinsamen Raum fair teilen müssen. Ein Autofahrer muss jederzeit mit kreuzenden Fußgängern oder Fahrradfahrern rechnen. Im Unterschied zur Begegnungszone nach Schweizer Vorbild haben Fußgänger aber auf der Fahrbahn keinen Vorrang, sie dürfen den Verkehr nicht unangemessen behindern.
Die Erfahrungen mit realisierten Pilotprojekten hat gezeigt, dass die Autofahrer dort instinktiv langsamer und aufmerksamer fahren, was die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer deutlich erhöht. Trotz geringerer Geschwindigkeit steigt sogar die Leistungsfähigkeit der Straße, weil der Verkehr gleichmäßiger fließt. Durch Ampelanlagen verursachte Rückstaus im Berufsverkehr können damit vermieden werden. Das bedeutet auch weniger Abgase, weniger Lärmbelästigung, aber vor allem entsteht ein attraktiverer öffentlicher Raum, was letztendlich auch den anliegenden Gewerbetreibenden zugute kommt.
Unsere Ansprüche an den gemeinsamen Stadtraum haben sich über die Zeit verändert, weg von dem Beton-Wahn der siebziger Jahre, dem Modell der Auto-gerechten Stadt und der Straße als bloßem Ort der Fortbewegung hin zu einer komplexeren Nutzung, die stärker den ÖPNV, Fahrradfahrer und Fußgänger berücksichtigt, aber auch mehr Raum zur Begegnung, Einkauf und Erholung lässt. Diese Erkenntnis setzt sich in der Senatsverwaltung leider nur viel zu schleppend durch.
Natürlich ist Shared Space kein Allheilmittel für alle Verkehrsprobleme und schon gar nicht flächendeckend für eine ganze Stadt geeignet. Aber in abgegrenzten Zonen, wo mehrere Nutzergruppen um den gemeinsamen Raum konkurrieren, funktioniert es nachweislich und bringt für alle Beteiligten Vorteile.
Wir fordern:
- Im Rahmen eines Pilotprojekts sollen die Ampelanlagen Krugstege / Bahnhofstraße und Pflasterweg durch eine Shared-Space-Zone und / oder einen Kreisverkehr ersetzt werden
- Frühzeitige und umfassende Einbindung aller Anwohner und Betroffenen in den Planungsprozess in Form von Workshops und Bürgerversammlungen.
- Die Interessen von Feuerwehr, Schulen, Einrichtungen und Gewerbetreibenden sind ebenso zu berücksichtigen, wie die Interessen aller Blankenburger an einem attraktiven Dorfzentrum.
- Beratung durch externe Projektbetreuer oder Planungsbüros, die bereits über Erfahrung mit erfolgreichen Shared-Space-Projekten besitzen, denn wir wollen das Rad nicht neu erfinden.
- Die Planung soll gründlich, aber in einem straffen Zeitplan erfolgen. Es ist anzustreben, die Realisierung mit dem 2013 geplanten Einbau der Kanalisation zu koordinieren.