Rückblick und Erkenntnisse des Forums

Forum Blankenburger SüdenDas Forum Blankenburger Süden war ein wohl einmaliges Experiment, ein großes Städtebauprojekt nicht nur in Form einer frühzeitigen Bürgerbeteiligung zu begleiten, sondern bereits vor Beginn der Planung auf Verwaltungsebene die vorbereitende Planung als Bürger selbst in die Hand zu nehmen.

Man kann die Ziele unseres Vorhabens im Rückblick für naiv halten, aber gab es gab doch einige sehr interessante und wertvolle Erkenntnisse, die für zukünftige, ähnliche Prozesse hilfreich sein könnten:

  • Dass Bürger eine vorbereitende Bauplanung selbst in die Hand nehmen, war für die beteiligten Verwaltungen sichtlich überraschend und ungewohnt. Schon nach kurzer Zeit beteiligte sich jedoch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sehr intensiv am Forum und war bis zum Schluss an jedem Treffen mit mehreren Mitarbeitern vertreten. Die Senatsverwaltung für Verkehr fremdelte allerdings sichtlich, war aber schließlich zumindest an den Terminen präsent, in denen es um Mobilitätsthemen ging.
  • Alle Mitglieder waren sich einig darin, dass sämtliche Entscheidungen des Bauprojekts letztlich in den dazu legitimierten demokratischen Instanzen, wie BVV und Abgeordnetenhaus erfolgen müssen. Die Mitglieder erhofften sich allerdings nicht nur frühzeitige Information, sondern auch Einfluss auf die Planung.
  • Es gelang nicht, Akteure aus dem Brandenburger Umland zur Beteiligung zu gewinnen, was aber nötig gewesen wäre, denn die Verkehrsplanung muss auch Pendlerverkehre berücksichtigen. Es gab massive Konflikte mit Akteuren aus Blankenburg, die sich gegen eine Einbindung des Umlands oder anderer Akteure sperrten, weil dies ihren Einfluss als Anwohner auf die Planung oder ihre Möglichkeiten zur Verhinderung des Bauprojekts geschmälert hätte.
  • Es gelang nur unzureichend, Vertreter von Mieterinteressen einzubinden.
  • Dem Forum gelang es nicht, ein eigenes, konsensfähiges Leitbild für die Planung aufzustellen.
  • Über diverse Veranstaltung zu Einzelthemen, wie Entwässerung, Verkehrsplanung, Umweltschutz, Städtebau oder Baurecht gab es einen erheblichen Wissenstransfer an die Mitglieder des Forums, was im Laufe der Zeit zu einem ausgesprochen anspruchsvollen und kompetenten Diskussionsniveau führte.
  • Von Mitgliedern des Forums wurde regelmäßig bemängelt, dass die Politik nicht ausreichend im Forum engagiere. Von den anwesenden Mitgliedern aus BVV und Abgeordnetenhaus wurde allerdings signalisiert, dass eine dauerhafte Mitarbeit im gewünschten Umfang zeitlich nicht leistbar sei, zumal noch keine politischen Entscheidungen anstehen.
  • Nach der unabgesprochenen Verkündung einer als unangemessen hoch betrachteten Anzahl von Wohneinheiten auf einer öffentlichen Informationsveranstaltung in Buch verschlechterte sich das Diskussionsklima zwischen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und den anderen Mitgliedern des Forums deutlich.
  • Ab 2018 versuchten externe Akteure aus dem Verschwörer-Milieu und AfD-Umfeld die Arbeit des Forums durch persönliche Einschüchterung und öffentliche Verleumdung einzelner Mitglieder zu sabotieren, waren aber zu feige, jemals persönlich auf den Sitzungen des Forums zu erscheinen. Per Gerichtsbeschluss mussten zwar die übelsten Verleumdungen zurückgenommen werden, ein Teil der Diffamierungen wurde allerdings vom Landgericht Berlin als zulässige Meinungsäußerung gewertet. Nach diesen Vorfällen zogen sich einzelne Mitglieder aus Angst vor Verstrickung in Rechtsstreitereien von der Mitarbeit im Forum zurück.
  • Die von der Senatsverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Forum veranstalteten Informationsveranstaltungen haben insgesamt trotz bester Absichten auf allen Seiten nicht zu mehr Akzeptanz für das Projekt geführt.
  • Unangemessen lange Verfahrensdauer: Nach inzwischen 6 Jahren ist die vorbereitende Untersuchung noch immer nicht abgeschlossen. Man kann nicht erwarten, dass sich interessierte Bürger über einen so langen Zeitraum dauerhaft konstruktiv einbringen. Je länger die Planung aber dauert, desto mehr Gelegenheit gibt es für destruktive Skandalisierung und die damit einhergehende Gefahr einer sich verfestigenden negativen öffentlichen Meinung. Bei einem Regierungswechsel im AGH steigt auch der politische Druck, die Planung trotz gültiger Senatsbeschlüsse noch einmal umzuwerfen.
  • Die angebotenen Werkstätten waren eine ausgesprochen gute Weiterbildungsmaßnahme, haben aber eher falsche Erwartungen geweckt, als die Akzeptanz zu erhöhen.
  • Rückblickend wäre es besser gewesen, gleich zu Anfang einen Stadtplanungswettbewerb auszuschreiben, der den beteiligen Büros kreative Freiheiten lässt und eine große Auswahl unterschiedlicher Entwurfskonzepte liefert. Danach könnten gleichzeitig die betroffenen Verwaltungen und Einrichtungen ihre Zuarbeit liefern und interessierte Bürgerinnen und Bürger hätten eine konkrete Diskussionsgrundlage. Ein dafür eingesetzter Zeitraum von beispielsweise 12 Monaten würde in einen AGH-Beschluss darüber münden, welches Entwurfskonzept als Basis für das weitere Verfahren dienen soll. Der enge Zeitraum würde eine stadtweite politische Diskussion anregen, die im bisherigen Verfahren leider ausblieb.

 

Martin Kasztantowicz

Sprecher und Moderator des ehemaligen Forums Blankenburger Süden

September 2023