Die unendliche Geschichte der Pankower Begegnungszonen

Auf der gestrigen Sitzung des Verkehrsausschusses Pankow blockierten die Vertreter von CDU, Linken und SPD erneut das Vorhaben des Bezirksamts, dem Aufruf von Senatorin Junge-Reyer zu folgen und Vorschläge für mögliche Begegnungszonen im Bezirk Pankow zu benennen. Obwohl dieser erneute Beratungstermin ausdrücklich zur vertiefenden Erörterung der Bedenken an der Bezirksamtsvorlage des grünen Stadtrats Jens-Holger Kirchner gewünscht wurde, verwarf die SPD pauschal die gesamte Liste von fünf Vorschlägen mit dem Argument, sie sei bereits bei der letzten Sitzung abgelehnt worden, was so natürlich nicht stimmt. Die Linken befürchteten, der Senat könne dem Bezirk die Planungshoheit aus der Hand nehmen und die CDU kritisierte am Beispiel Blankenburg, dass der Wegfall der Ampeln an der Bahnhofstraße und Priesterstege die morgendlichen und abendlichen Staus nicht verringern würde, weil der Verkehr dadurch nicht abnähme. Dieses Argument ist schon deshalb absurd, weil niemand behauptet, dass sich das Verkehrsaufkommen verringern würde. Im Gegenteil ist zu erwarten, dass sich die Staus wie in Bohmte alleine dadurch auflösen, dass der Verkehr zwar langsamer aber gleichmäßiger fließt. Besonders radikale Auto-Gegner kritisieren das klassische Shared-Space-Konzept übrigens genau deshalb, weil es die Kapazitätsgrenze für den motorisierten Individualverkehr sogar noch erhöhen kann, statt das Auto durch restriktive Maßnahmen zurückzudrängen. Verkehrte Welt.

Zwei spontan eingebrachte neue Vorschläge, die Kreuzung Schwedter Str. / Kastanienallee und der Antonplatz, wurden mit dem Auftrag an das Bezirksamt zurückgegeben, erst eine schriftliche Begründung und die Stellungnahme der AG Verkehrssicherheit einzuholen, bevor sich der Ausschuss damit erneut befasst.

Dass zahlreiche Pankower Bürger im Namen mehrerer Initiativen zum Ausschusstermin erschienen, zweihundert Unterschriften überreichten und lautstark für die Teilnahme an dem Berlin-weiten Pilotverfahren warben, ließ die Gegner des Vorhabens völlig kalt.

Zur Erinnerung: Am 11.6.2008 stellte die Fraktion der Linken einen BVV-Antrag, der das Bezirksamt zur Prüfung aufforderte, in welchen Wohngebieten bzw. Straßen des Bezirks das Shared-Space-Konzept zur Gestaltung des öffentlichen Raums prinzipiell Anwendung finden könnte. In den vergangenen zwei Jahren erfuhr dieser Antrag daraufhin insgesamt elf Überweisungen, Vertagungen, Beschlüsse und Kenntnisnahmen, ohne dass bisher ein Ende abzusehen ist. In dieser gesamten Zeit kam aus den Fraktionen von SPD, Linken und CDU kein einziger eigener Vorschlag, andererseits brachte aber weder der Verkehrsausschuss noch die BVV den Mut auf, den Antrag gegen den Stadtrat für öffentliche Ordnung und die Fraktion der Grünen formell zu beerdigen.

Dieses Spiel mit der heißen Kartoffel ist nicht nur deshalb ärgerlich, weil es allen Beteiligten unnütz Zeit und Kraft kostet und bei den engagierten Initiativen den Glauben an eine ehrliche Bürgerbeteiligung unterminiert, es ist auch deshalb peinlich, weil es der Senatsverwaltung die Möglichkeit gibt, sich unter Hinweis auf das Desinteresse der Bezirke als der große Innovator aufzuspielen, obwohl sie in Wirklichkeit eher widerwillig zum Jagen getragen werden musste. Dass die Linksfraktion damit den Antrag ihres eigenen Fraktionsvorsitzenden sabotiert, ist eine eher skurrile Randnotiz.

Wenn Verwaltungsverfahren unzumutbar lange dauern, gibt es dafür oft nachvollziehbare Gründe, wie zum Beispiel ein komplizierter Rechtsstreit oder Hemmnisse auf Verwaltungsebene. In diesem Fall darf sich aber die Pankower BVV ausschließlich an die eigene Nase fassen, die gestrige Sitzung war alles andere als ein Ruhmesblatt für die politische Selbstverwaltung des Bezirks.

 

Martin Kasztantowicz?